„Spitzwegerich“ oder [wie] ein Buch entsteht 5

Oder: das Urheberrecht ist ein Hund.

Sie haben eine Zeitlang nichts von unserem gemeinsamen Buchprojekt „Spitzwegerich“ mit unserem Autor Wolfgang Bartsch gehört? Das liegt daran: Wolfgang Bartsch zitiert in seinem Manuskript an mehreren Stellen das 1910 veröffentlichte Gedicht „The Lay of the Singer’s Fall“ von Eugene O’Neill, einem englischen Lyriker. Da stellt sich natürlich gleich die Frage, ob er das darf. Klar darf er das, als Autor. Aber dürfen wir als Verlag ein fremdes Gedicht in einem Buch abdrucken? Am besten versucht man als Verleger also herauszufinden, wer die Rechte an den Gedichten von Eugene O’Neill, der 1953 starb, inne hat. Gibt es eine Institution, die die Rechte verwaltet, gibt es Nachkommen? Noch komplizierter wird die Angelegenheit, weil Eugene O’Neill Engländer war und – nach den Angaben der Eugene-O’Neill-Stiftung – eine amerikanische Universität die Rechte hält. Das ist deshalb von Bedeutung, weil das Urheberrecht – anders als landläufig angenommen – im angloamerikanischen Raum ganz anders als in Europa gehandhabt wird. Es gibt in den USA wesentlich mehr privates Engagement mit Stiftungen und Preisen für die Kultur als bei uns und die finanzielle Förderung der Forschung an den Universitäten dient z. B. durch die Vermarktung der Patente ihrer eigenen Refinanzierung. Finanzielle Erträge aus dem Urheberrecht gewinnen so eine große Bedeutung.

Wir warten also weiter auf die Antwort der betreffenden US-amerikanischen Universität, und in der Zwischenzeit lesen wir einen interessanten Text von Alfred Noll, der uns auf eine Tour de force durch das in Österreich (noch) herrschende Reglement mitnimmt. Sein Fazit: „Jede Schwächung des Buchhandels untergräbt die Stellung der schriftstellerischen Urheber, und jede Schwächung des auf die Werke der Literatur bezogenen Urheberrechts indiziert auch einen Bedeutungsverlust des Buchhandels.“ Und damit natürlich aller Beteiligten in der gesamten Wertschöpfungskette von Büchern. Ja, Sie haben richtig gelesen: „WERTschöpfungskette“.

http://www.buecher.at/rte/upload/pdf/noll_alfred_urheberrecht.pdf